- Der Anlass
2017 wurde in Wetzlar eine Krankenhaus- Großküche fachgerecht abgebaut und nach Moldawien gespendet. Dort sollten die Küchenteile in drei Einrichtungen wieder eingebaut werden. Der Verein übernahm die gesamten Kosten und den Transport. Da vereinbart war, dass der Verein ab der moldawischen Grenze keinen Einfluss mehr auf den weiteren Verlauf des Aufbaus der gespendeten Küchenteile hat, blieb über mehrere Jahre unklar, wie und ob alles geklappt hatte.
Dies zu begutachten und daneben die Kontakte zu Ehepaar Dragan – unseren Kontaktpersonen – zu festigen, war Ziel unserer Reise.
2. Die Reise
Die Reisegruppe (Albrecht Adam, 1. Vorsitzender, Almuth Müller, Schriftführerin und Projektleiterin der Sammelstelle in Lehrte-Arpke und Alexander Schewtschenko, Dolmetscher) hatte sich entschlossen, die Distanz von ca. 2000 km mit dem Flugzeug zurückzulegen. Gestartet in Berlin mit Zwischenstopp in Warschau trafen die drei Reisenden am 11.05.2023 in der Hauptstadt der Republik Moldau, Chisinau, ein. Am Flughafen mieteten wir ein Auto, womit wir an den nächsten Tagen unsere geplanten Ziele erreichen wollten. Von unserer Unterkunft, Hotel Villa Rossa, waren es nur wenige Minuten zu einem Restaurant. Während der Mahlzeit besprachen wir gemeinsam mit Ehepaar Dragan das Programm der folgenden Tage.
3. Das Programm
Freitag, 12. Mai
Vorgesehen war für diesen Tag die Besichtigung der Küche in Bender, einem Ort ca. 60 km östlich von Chisinau, der bereits auf dem Gebiet der selbsternannten „Republik Transnistrien“ liegt. Schon am Flughafen bei der Anmietung des Autos hatten wir fertig ausgefüllte Formulare bekommen, die wir für den Grenzübergang benötigen würden. Am Kontrollpunkt kontrollierte der transnistrische Beamte unsere Ausweise, den Fahrzeugschein und die besagten Formulare. Zusätzlich mussten wir noch eine Vignette kaufen. Im Krankenhaus in Bender waren Teile der Küche aus Wetzlar geliefert worden. Der technische Leiter, Zmeu Boris, der auch beim Abbau der Küche mitgearbeitet hatte, führte uns durch die Räume und wies auf die in Funktion befindlichen Teile hin: 2 große Pfannen, fahrbare Tische, Kühlschränke, Schwerlastregale mit Töpfen.
Noch nicht installiert waren Dampfgarkessel, da die notwendige elektrische Anlage noch nicht in Betrieb war. Diese Installation sei für das Folgejahr geplant, erläuterte der Leiter. Wir gingen über das weitläufige Krankenhausgelände in den hinteren Teil. Dort lagen unter einem Schuppendach geschützt etliche Dunstabzugshauben. Sie konnten nicht eingebaut werden, da sie viel zu viel Strom brauchen und die Leitungen nicht danach ausgelegt sind. Da der Leiter des Krankenhauses noch in einer Notoperation war, gingen wir zunächst zu dem Kinderkrankenhaus, was auf dem angrenzenden Grundstück lag.
Am Rande des Krankenhausgeländes befindet sich das örtliche Kinderkrankenhaus, in dem Dr. Naumov als Chefarzt arbeitet. Dr. Naumov hatte 2022 von HHO durch Vermittlung des Naemi-Wilke-Stifts Guben eine Operationsbrille erhalten. Leider war die Brille mit 5 Dioptrien für ihn ungeeignet. Bisher hat er die Brille erst zweimal benutzen können. Er fragte an, ob die Gläser in Deutschland ausgetauscht werden könnten, solange die Gewährleistung aktiv sei. Wir versprachen, diese Frage weiterzugeben. Ein Foto der Rechnung (18.01.2022) wurde gemacht.
- Wunsch: Brillengläser in 2,5 Dioptrien tauschen
Es folgte ein Gespräch mit dem medizinischen Leiter der Klinik, Dr. Mishchenko Artyom, in dessen Verlauf Wünsche an den Verein benannt wurden.
Wünsche: ein Auto, damit Ärzte auch zu Patienten nach Hause fahren können;
ein Kleintransporter, damit Patienten aus dem Kh liegend transportiert werden können,
OP-Geräte jeder Art für Chirurgie, Urologie, HNO, Augenklinik
(In der endoskopischen Abteilung wird alles gebraucht.)
An Operationsmaterial nehmen sie alles, was sie kriegen können.
Ein Spülbecken für eine Ecke auf Station, damit die MA abwaschen können und wo auch desinfiziert werden kann. Das jetzige Spülbecken ist aus den 60-er Jahren.
Auch für die Waschküche werden Materialien benötigt.
Nach diesem Besuch unternahmen wir noch eine Rundfahrt durch Benderi, Besichtigung des Denkmals der Selbstständigwerdung (Abspaltung) Transnistriens Foto 3 Nr. 2641 und gönnten uns einen Blick auf das gepflegte Burggelände, eine Attraktion für Touristen. Leider gibt es die in Transnistrien so gut wie gar nicht. Der Grenzübergang, die Begegnung und das Denkmal regten Gespräche über die Teilung des kleinen Landes an. Welche Rolle spielen russische und russischfreundliche Bewohner bei dieser komplizierten Gemengelage? Welche Rolle sollten wir aus dem Westen dabei einnehmen?
Auf dem Rückweg lud Anna Dragan uns zur Besichtigung eines riesigen Weinbaubetriebes Milestii Mici ein.
Er befindet sich in einer ehemaligen Miene, die ideale Temperaturen bietet. Mit Elektrofahrzeugen ging es hinab in bis zu 85m Tiefe. Wir bestaunten die zu Tausenden dort gelagerten Weinflaschen, mit bis zu 100 Jahre altem Wein. Eine Weinverkostung mit anschließendem Abendessen beschloss den Tagteilzunehmen. Gut gefüllt mit Eindrücken und edlem Wein fuhren wir heim.
Samstag, 13. Mai
Heute machen wir uns zu Dritt auf den Weg, ohne Dragans. Die Route ist klar: nach Norden, Brinzeni nahe der rumänischen Grenze. Die Landesstraße erweist sich als Betonplatten-Piste.
In der Nähe des Zieles angekommen, ist Telefon-Kontakt nicht möglich, auch die Vermittlung durch Dragans funktioniert nicht. Nach längeren Versuchen Alexanders steht der Kontakt, wir finden endlich das Gelände der psychiatrischen Klinik und werden vom Direktor der Einrichtung, Vasile Pascani, empfangen. Er kommt sofort auf unser Anliegen zu sprechen und teilt uns mit, dass die gelieferten Küchenteile zu seinem Bedauern nicht installiert wurden. Gründe dafür sind die mangelhafte und veraltete Elektrotechnik, aber auch die ungenügende Auswahl der Küchentechnik bereits in Wetzlar. So ist eine Waschstraße geliefert worden, deren Maße die Raummaße überschreitet. Der Kühlraum verbraucht ein Vielfaches der zur Verfügung stehenden Stromkapazität. Sämtliche Gerätschaft ist zwischengelagert. Wir regen an, die Teile weiter zu geben oder wenigstens den Schrottpreis zu bekommen, denn Vasile lobt das nichtrostende Material /rostfreier Stahl, der sehr wertvoll ist. Nach einer Tee-Pause zeigt uns der Direktor das schöne historische Gebäude, das einst die Villa des Anstaltsgründers war und nun der Verwaltung dient.
Danach führt er uns in das nahegelegene Kloster, in dem wir uns vom Leben der noch jungen Bruderschaft überzeugen können.
In dem Kloster werden hin und wieder auch Bewohner der psychiatrischen Anstalt für gewisse Zeit aufgenommen, um sich zu erholen. Auf dem Klostergelände leben 20 Mönche. Sie betreiben einen Laden mit eigenen Produkten: Honig, verschiedene Teesorten, Milch, Kräuter, … Sonntäglich kommen Menschen aus dem ganzen Land hier zum Gottesdienst und werden mittags verköstigt. Wir dürfen den Speisesaal sehen. Oft reisen sie am Vortag an und können im eigenen Wohnbereich/ Hotel übernachten. Momentan haben die Brüder zwei ukrainische Flüchtlingsfamilien aufgenommen. Der Bruder zeigt uns den Mittelpunkt des Klosters: die Kirche. Sie ist nach griechischem Vorbild gebaut.
Wünsche: 20 Metallbetten (kein Holz), weil Holz schnell kaputt geht.
Kleidung, denn das Budget, das es vom Staat dafür gibt, ist sehr knapp bemessen.
Sonntag, 14. Mai
Der Tag ist den Gemeinden gewidmet. Valentin Dragan holt uns zum ersten Gottesdienst ab. Die Gemeinde versammelt sich in einem ehemaligen Büro, im Souterrain, im Zentrum der Stadt Chisinau gelegen.
Wir feiern gemeinsam mit der Ortsgemeinde Gottesdienst. Der Gottesdienstablauf ähnelt dem uns bekannten Ablauf in Deutschland. Allerdings gibt es zwischendurch immer wieder Erklärungen von Pastor V. Dragan zu Bibelstellen. Die Lieder werden laut und voller Hingabe gesungen. Nach dem Gottesdienst richten wir vom Verein Grüße aus Deutschland aus und sollen die Glaubensgeschwister in Deutschland herzlich zurück grüßen.
Anschließend geht es nach Balti, wo wir am Tag zuvor bereits vorbeifuhren. Die Gemeinde hat ein ehemaliges Lebensmittelgeschäft angemietet. Der Raum ist gut gefüllt, ca. 40 überwiegend ältere Gemeindeglieder. Lediglich ein Lied wird am Ende des Gottesdienstes gesungen. Die Predigt über Johannes 15: „Christus der Weinstock“, hält Pastor Adam und wird von A. Schewtschenko übersetzt. Nach dem Gottesdienst werden Süßigkeiten für alle verteilt. Wir drei Reisenden stellen uns den Fragen der Gemeindeglieder. Sie interessieren sich für die Umstände in Deutschland, für die Kirchen und Christen dort und fragen uns über die Hilfstransporte aus. Sie freuen sich, Gäste zu haben und bitten uns, Grüße mitzunehmen und bald wiederzukommen.
Auf der Rückfahrt machen wir Pause in einem Restaurant. Dabei kommen wir nochmal auf das Thema des ersten Abends zu sprechen: die Zukunft der kleinen lutherischen Gemeinden. Valentin bittet um Mithilfe, nicht nur um materielle Güter, sondern um Unterstützung durch den SELK-Bischof. Gern hätte er Kontakt zu ihm oder eine Einladung zum Austausch über die Möglichkeiten der Unterstützung aus Deutschland. Pfr Dragan hat Verbindung zum Martin-Luther-Bund. Über ihn und mit ihm könnte die SELK Kontakt aufnehmen, um gemeinsam bei der moldawischen Regierung Unterstützung der lutherischen Gemeinden zu erwirken. Pfr. Adam verspricht, diese Bitten weiterzugeben. Pastor Valentins Wunsch und Fernziel: ein eigenes Grundstück für die Gemeinde, auf dem ein Gemeindezentrum entstehen kann. Das aber überschreitet den Aufgabenbereich von HHO. Zurück in Chisinau ermutigten uns Dragans, eine kleine private Stadtfundfahrt zu unternehmen. Vorbei ging es an historischen Gebäuden, meist aus der Stalin-Zeit. Die Fülle der Neubauten beeindruckte uns. Von der Armut in diesem kleinen Land war auf den Prachtstraßen der Hauptstadt nichts zu spüren. Dies stand in krassem Gegensatz zu der Armut auf dem Land, die wir auch gesehen hatten.
Montag, 15. Mai
Auschecken nach dem Frühstück; anschließend Fahrt zur dritten Besuch-Station: die psychiatrische Klinik Godro, am Rand der Hauptstadt.
Hier werden wir vom Leiter der technischen Abteilung empfangen. Da es z. Zt. keinen Direktor gibt (der neue Direktor hat seinen Dienst noch nicht aufgenommen), hat er die Leitung der Klinik. Sein Name ist Anatoli Sorokian. Wir werden durch die Großküche, die sich anschließenden Räume mit uralten Backöfen und die technischen Anlagen geführt.
Die Einrichtung hat die meisten von HHO gelieferten Küchenteile in Benutzung nehmen können: Großpfannen sind angeschlossen, Arbeitstische in Benutzung, Abzugskanäle waren installiert, sind inzwischen durch modernere ersetzt worden; eine Kühlkammer kam auch aus Deutschland. Sie ist von Spezialisten eingebaut worden. Die elektrische Zuleitung wurde in der Zeit zwischen Abbau und Neueinrichtung erneuert, so dass die Wetzlarer Küchentechnik gleich in Benutzung genommen werden konnte.
Die Spülmaschine steht nicht angeschlossen in der Küche. Sie soll noch eingebaut werden. Als wir sie öffnen, sehen wir, sie ist innen verrostet. Franzosen haben eine Stromaggregat gespendet, das die Stromversorgung garantiert. Es steht vor dem Küchentrakt, gesichert hinter einem Zaun. Anatoli ist dankbar für die Hilfe und würde sich über weitere Hilfsgüter freuen.
Wünsche:
ein Kleintransporter, der das Essen in die anderen Häuser verteilen kann.
Spülmaschine und Waschmaschine für MA
20 ltr. Container für den Transport des Mittagessens. Sie müssen fest verschließbar sein und aus Cromargan. Das Essen soll heiß in den diversen Häusern ankommen;
Backöfen – sie würden sie in Deutschland auch selbst abbauen.
Spülmaschinen (Industriemaschinen), die in 15-20 min. fertig abgewaschen haben. Momentan wird noch alles mit der Hand abgewaschen. Eine Spülmaschine kostet 51.000 Leu. Es gibt 15 Abteilungen
Wir fragen Anatoli, ob er selbst einen Bericht schreiben kann über die Situation und ihre Wünsche. Er sagt zu, dass er es mit der beim Gespräch anwesenden Mitarbeiterin machen und uns zusenden wird.
4. Die Rückreise
Die Formalien am Flughafen (Rückgabe des Mietautos) funktioniert planmäßig. Wir verabschieden uns herzlich von Ehepaar Dragan, checken ein und fliegen über Warschau wieder zurück nach Berlin.
Es waren reich gesegnete Tage! Erfüllt von so vielen Eindrücken, dankbar für alle Bewahrung und bereit, auch weiterhin den Glaubensgeschwistern zu helfen, gehen wir wieder zurück in unseren Alltag.
Albrecht Adam, Berlin und Almuth Müller, Arpke